1389 erhielt die Stadt Erfurt vom Mainzer Erzbischof die Genehmigung, das am Fischmarkt gelegene Martinshospital außerhalb der Stadtmauern anzusiedeln. Unter dem Namen „Großes Hospital“ entwickelte es sich rasch zur zentralen städtischen Einrichtung für die Betreuung und Pflege kranker Menschen nach dem Prinzip der Selbstversorgung. 1536 entstand ein repräsentatives Steinhaus, das Herrenhaus, in dem die eingesetzten Verwalter Wohnungen nahmen. Heute hat das Museum für Thüringer Volkskunde hier seinen Sitz. Nachdem in der damaligen Zeit vorwiegend Arme, Alte und Seuchenkranke hier versorgt wurden, bot der Ort zunehmend Unterkunft für Pfründner, die ihren Lebensabend hier verlebten. Erhalten sind das Brauhaus und die aus dem 15. Jahrhundert stammende Hospitalkirche, beides wird heute vom Museum genutzt. Die museale Rekonstruktion einer typischen Pfründnerwohnung sowie eine Ausstellung zur Bau- und Nutzungsgeschichte des „Großen Hospitals“ ist im Museum integriert.
Erhalten geblieben ist auch der malerische Innenhof, der verschiedene Großexponate beherbergt und für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Das heutige Seniorenpflegeheim stammt aus den 1920er Jahren und wurde vor seinem geschichtlichen Hintergrund und in Abstimmung mit dem Museum mehrfach rekonstruiert. Seit 1993 ist das Gebäude in Trägerschaft der AWO, die das Haus unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes mit einer Generalsanierung 1999 an moderne pflegefachliche Anforderungen angepasst und rekonstruiert hat.
Der Brunnenraum mit dem historischen Wandgemälde „St. Georg/ St. Martin“
Der historische Charakter wird nicht nur durch die äußere Fassade und Architektur des Hauses sichtbar, sondern begeistert durch die Atmosphäre im so genannten Brunnenraum im Erdgeschoss. Dieser Raum besticht durch einen Brunnen, der von einem übergroßen Wandgemälde „St. Georg/St. Martin” (5,97m x 4,60m) von Charles Crodel aus dem Jahr 1926 umrahmt ist. An der Wand, die zur Hospitalkirche anschließt, ist das Gemälde zu bestaunen, das im Sommer 2004 zuletzt aufwändig restauriert wurde. Das Werk erstreckt sich über zwei Etagen und wird von der Empore und der Balustrade flankiert, ohne den direkten Blick zu stören.
Das Gemälde zeigt im Vordergrund den heiligen Georg auf der linken unteren Seite und den Heiligen Martin, welcher seinen Mantel mit einem Bettler teilt, auf der rechten unteren Seite. Darüber sind Szenen dargestellt, die mit der Stadt Erfurt in Verbindung stehen. Auf der Risalitfläche über dem Brunnen heben Kinder das Wappenschild Erfurts in die Höhe und auf der linken Seite sind der Erfurter Dom mit Severikirche abgebildet. Auf Höhe der Empore wird das Gemälde von floralen Friesen gerahmt. Am unteren rechten Rand des Wandgemäldes befindet sich das Künstlermonogramm von Charles Crodel und die Datierung des Gemäldes von 1926.